Mehr Energie von Brandenburgs Dächern
Auf Dachflächen soll mehr Solarstrom erzeugt werden. Bund und Länder wollen dies mit klaren Vorgaben für Gebäudeeigentümer erreichen – mit guten Möglichkeiten für Kommunen.
Solarpflicht steht für Fortschritt. Zumindest in politischen Strategiepapieren. „Alle geeigneten Dachflächen sollen künftig für die Solarenergie genutzt werden. Bei gewerblichen Neubauten soll dies verpflichtend, bei privaten Neubauten soll es die Regel werden“, heißt es im Ende November vorgelegten Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP zur Bildung einer neuen Bundesregierung. Ziel der selbsternannten „Fortschrittskoalition“ ist, die bisher in Deutschland installierte Photovoltaikleistung bis 2030 auf rund 200.000 MW zu vervierfachen. Die Potenziale sind groß – nur ein geringer Teil der Dachflächen wird bislang für Stromerzeugung genutzt. Mehrere Bundesländer haben bereits eigene Regelungen für den Ausbau der Photovoltaik (PV) auf geeigneten Gebäudedächern erlassen.
Hamburg und Baden-Württemberg haben schon 2020 eine Solarpflicht in ihren Klimaschutzgesetzen verankert. In der Hansestadt müssen ab Anfang 2023 auf Neubauten Photovoltaik-Anlagen installiert werden, ab 2025 auch auf Bestandsgebäuden, wenn sie saniert werden. In Baden-Württemberg soll die Verpflichtung ab 1. Januar 2022 für neue Nichtwohngebäude wirksam werden, ab 1. Mai auch für neue Wohnhäuser und ab 2023 bei grundlegenden Dachsanierungen für alle Gebäude. Das Land Berlin brachte im Sommer 2021 ein Solargesetz auf den Weg, das ab 1. Januar 2023 Photovoltaikanlagen für Neubauten und bei wesentlichen Dachumbauten auch für Bestandsgebäude vorschreibt. Das Gesetz gibt auch Mindestgrößen für die PV-Anlagen vor.
Hamburg, Baden-Württemberg und Berlin als Vorreiter
Für Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz liegen ausgearbeitete Vorschläge für eine Verpflichtung zur Installation von Photovoltaikanlagen für Neubau und Renovierung von Nichtwohngebäuden beziehungsweise für gewerblich genutzte Neubauten zum 1. Januar 2023 vor. Die Bremer Bürgerschaft verabschiedete im Sommer 2020 eine Beschlussempfehlung für die verpflichtende Installation von Photovoltaikanlagen auf Neubauten und Bestandsgebäuden, ohne allerdings einen Zeitpunkt festzulegen. Niedersachsen steht ebenso vor einer Solarpflicht, Bayern will eine Regelung des Bundes abwarten und hat eigene Aktivitäten erst einmal zurückgestellt.
Auch in Brandenburg wird über Solarpflicht diskutiert, einen Beschluss dazu gebe es allerdings noch nicht, erklärt eine Sprecherin des Energieministeriums in Potsdam. Die Energiestrategie des Landes Brandenburg werde gerade aktualisiert und dabei werden auch neue Ziele für den Ausbau der Photovoltaik definiert. Brandenburg habe sich bei einem Energieministertreffen mit einer breiten Mehrheit der Bundesländer dafür ausgesprochen, bei der anstehenden Überarbeitung des Gebäudeenergiegesetzes eine Solarpflicht für geeignete Dachflächen einzuführen, so die Sprecherin weiter.
Solaratlas Brandenburg zeigt nutzbare Flächen
Das Energieministerium des Landes hat die Energieagentur Brandenburg (WFBB Energie) zudem mit einer Potentialanalyse über alle für solartechnische Anlagen nutzbaren Flächen beauftragt. Daraus soll ein internetbasierter „Solaratlas Brandenburg“ entstehen, der noch für dieses Jahr angekündigt ist. Berater sehen in der Solarpflicht eine Chance für Kommunen und Stadtwerke, PV-Strom von öffentlichen Gebäuden direkt vor Ort in räumlicher Nähe zu nutzen und zu vermarkten. Kommunalen Akteuren empfehlen sie, sich möglichst bald mit PV-Projekten zu beschäftigen.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DGStB) mahnt beim Bund ein milliardenschweres 100.000-Solardächer-Förderprogramm für öffentliche Gebäude an. Kommunen könnten so zum Vorbild für Eigenheimbesitzer, aber auch für die Wirtschaft werden.
Etwa zwei Millionen Photovoltaikanlagen in Deutschland erzeugten 2020 etwa 51 Mrd. kWh Strom, was etwa zehn Prozent des in der Bundesrepublik verbrauchten Stroms entsprach. Insgesamt waren bis Ende letzten Jahres bundesweit PV-Module mit rund 54.000 MW Erzeugungsleistung installiert – davon 4.360 MW in Brandenburg.