Grünes Rathaus für Michendorf
Die neue Ortsmitte der brandenburgischen Gemeinde nimmt Gestalt an. Einzelne Gebäude des entstehenden Wohnquartiers sind schon bezogen. Ende April startete der Bau des neuen Rathauses, das nahezu klimaneutral und autark beheizt werden soll.
Großbaustelle mitten in Michendorf. Rund um das EMB-Energiehaus, seit 2021 Sitz der Energieversorgung Mark Brandenburg GmbH, drehen sich Baukräne. Auf dem ehemaligen Teltomat-Industriegelände entsteht ein modernes Ortszentrum für die aufstrebende Gemeinde im Landkreis Potsdam-Mittelmark.
Das Wohn- und Gewerbequartier „apfel-mitte“ wächst, am 25. April wurde der Grundstein für ein neues Rathaus gelegt. Ende 2024 will die Gemeindeverwaltung einziehen.
Der künftige Verwaltungssitz Michendorfs soll von Anfang an ohne fossile Energie, also weitgehend klimaneutral beheizt werden. Den Grundstock der erneuerbaren Heizenergie für die 2.800 Quadratmeter Nutzfläche liefert eine Sole-Wasser-Wärmepumpe, die als Wärmequelle Photovoltaik-Thermische-Kollektoren auf dem Dach des Rathauses nutzt.
Ursprünglich sollte das neue Rathaus über das EMB-Nahwärmenetz versorgt werden, das fossile Heizwärme bereitstellt, die über 80 % mittels Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt wird. Allerdings hatte der Krieg Russlands gegen die Ukraine und die daraus resultierenden Veränderungen auf dem Energiemarkt zum Ausloten neuer Optionen geführt.
Wunsch nach hoher Autarkie und Nachhaltigkeit
Nun kommt stattdessen modernste erneuerbare Technik zum Einsatz. Für die Gemeinde Michendorf realisieren EMB und GASAG Solution Plus gemeinsam eine Energieversorgung aus über 80 Prozent erneuerbarer Energie für das neue, grüne Rathaus Michendorf. „Die Gemeinde freut sich auf ein modernes Rathaus und möchte beim Heizen als Vorbild vorangehen“, zeigt sich Michendorfs Bürgermeisterin Claudia Nowka zufrieden mit der gefundenen Lösung.
„Der Wunsch nach Autarkie und nach einer Wärmelösung ohne Gas, die Energiepreisentwicklung sowie der Aspekt Nachhaltigkeit spielten eine wichtige Rolle“, berichtet die Bürgermeisterin über die Hintergründe der Planänderung. „Wir sind sehr dankbar, dass uns die EMB dabei unterstützt hat.“
Begünstigt wird die klimaneutrale Wärmeversorgung durch die hocheffiziente Bauweise des neuen Rathausgebäudes. Die Gemeinde lässt es von der Baugesellschaft Papenburg AG zum Festpreis von 11,8 Millionen Euro im KfW-Standard 40-EE errichten. Die staatliche Förderbank KfW steuert einen Zuschuss von rund 1,1 Millionen Euro bei.
Solarwärme spielt bei der Rathausheizung eine zentrale Rolle. Erzeugt wird sie auf dem Dach des Gebäudes in sogenannten PVT-Modulen, hybriden Kollektoren, die Photovoltaik (PV) auf der Oberseite und Solarthermie darunter kombinieren. Anschließend wird die Solarwärme in einer Sole-Wasser-Wärmepumpe zu Heizenergie für das Rathaus verdichtet. PV-Strom aus den Modulen kann für den Betrieb der Wärmepumpe genutzt werden. Als Backup wird ein elektrischer Heizwassererzeuger installiert.
Selbst bei bewölktem Himmel heizen sich die dunklen PVT-Module leicht auf und seien so immer etwas wärmer als die Umgebungsluft, so die Anlagenplaner von GASAG Solution Plus. Für die angeschlossene Sole-Wasser-Wärmepumpe lieferten sie genug Energie zum Heizen. Die Photovoltaik-Schicht bekomme bei diesem Modulaufbau stets die volle Sonne ab, die Solarthermie-Schicht darunter profitiere von der Abwärme der Photovoltaik.
Die Sole-Wasser-Wärmepumpe ist auf hohe Effizienz getrimmt. Die Planer gehen von einer Jahresarbeitszahl (JAZ) der Wärmepumpenheizung von durchschnittlich 3,6 aus. Das bedeutet, dass die Anlage aus einer Kilowattstunde Betriebsstrom fast vier Kilowattstunden Wärme erzeugen kann.
Die Experten haben zudem errechnet, dass die Gemeinde mit dieser Lösung einen Autarkiegrad von 75 Prozent bei der Wärmeversorgung des Rathauses erreichen kann. Die Kosten für die Wärme lägen zum Preisstand Oktober 2022 auf 20 Jahre gerechnet nicht höher als bei der ursprünglich geplanten Versorgung über das mit Erdgas befeuerte Blockheizkraftwerk.
EMB produziert und liefert erneuerbare Wärme
Als Contractor errichten, finanzieren und betreiben wird die solare Wärmepumpenheizung für das neue Rathaus in Michendorf die EMB Energie Brandenburg. Der Contractingvertrag wurde im Juni auf eine Laufzeit von 20 Jahren geschlossen. EMB-Geschäftsführer Dr. Jens Horn sieht die innovative Wärmeversorgung als „Blaupause für andere ähnliche Neubauten“.
Auch Bürgermeisterin Claudia Nowka blickt erwartungsvoll in die Zukunft. „Wir sehen unser neues Rathaus als Leuchtturmprojekt für kommunalen Klimaschutz und freuen uns, künftig alle 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung Michendorfs unter einem Dach unterbringen zu können.“